„Was du dem Fremden tust …“ – Die Angst vor dem Islam
- vw1575
- 24. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Die Angst um das Eigene, um kulturelle Identität und religiöse Prägung ist eine tiefe, existentielle Sorge. Sie verdient Gehör – auch und gerade dann, wenn sie sich in scharfen, ja hasserfüllten Worten Luft macht. Denn wo Menschen um Heimat, Glaube und Zukunft fürchten, ist es Aufgabe christlicher Seelsorge, nicht in der Verteidigung zu verharren, sondern Brücken zu bauen.
Manche Beiträge auf Social Media drücken in drastischer Sprache aus, was viele im Stillen empfinden: eine Angst vor kultureller Überfremdung, eine Wut auf Eliten, eine Ohnmacht angesichts globaler Migrationsbewegungen. Diese Gefühle sind real. Aber sie dürfen nicht in Feindbildern enden, die aus Menschen Karikaturen machen – insbesondere nicht im Namen des christlichen Glaubens.
Islam und Gewalt – ein verzerrtes Bild
Die Behauptung, der Islam sei per se eine gewalttätige Religion, ignoriert die innere Vielfalt und historischen Entwicklungen dieser Weltreligion. Ja, es gibt islamistische Strömungen, die mit Gewalt agieren. Aber es gibt ebenso christliche, hinduistische oder buddhistische Gruppierungen, die Gewalt mit Religion legitimieren. Der Missbrauch religiöser Sprache für politische Ziele ist kein alleiniges Phänomen des Islam, sondern eine Versuchung, die durch alle Religionen wandert – auch durch das Christentum.
Das Christentum hat Kreuzzüge geführt, Hexen verbrannt, Juden verfolgt und Kanonen gesegnet. Und doch würde niemand ernsthaft behaupten, dass die Lehre Jesu deshalb von Gewalt geprägt sei. Genauso wenig dürfen wir den Islam auf Extremismus reduzieren.
Ein Beispiel aus der Geschichte: Die Reconquista
Die Reconquista wird gelegentlich als „opferreichen Kampf“ zur Rettung des christlichen Abendlandes vor der islamischen Bedrohung dargestellt. Das ist historisch verkürzt und theologisch gefährlich. Ja, es gab Jahrhunderte der Auseinandersetzungen auf der iberischen Halbinsel. Aber diese Phase war nicht nur von Krieg geprägt, sondern auch von Zeiten des friedlichen Zusammenlebens zwischen Christen, Muslimen und Juden – besonders in Andalusien, das über lange Strecken ein Zentrum der Wissenschaft, Philosophie und Koexistenz war.
Die Vertreibung der Muslime und später auch der Juden aus Spanien ab dem 15. Jahrhundert war keine geistliche Heldentat, sondern ein Akt religiöser Intoleranz und kultureller Verarmung. Eine Romantisierung der Reconquista verklärt Gewalt und Vertreibung zu göttlichem Willen – und führt dazu, genau jene Fehler zu wiederholen, aus denen Europa eigentlich gelernt haben sollte.
Christlicher Glaube ist nicht triumphalistisch. Er sucht nicht nach Siegen über andere Religionen, sondern nach Wegen der Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe. Jesus hat nie zum Schwert gerufen – sondern zum Kreuz.

Sind die in Europa lebenden Muslime eine Bedrohung?
Viele Menschen fragen sich heute mit wachsender Sorge: Bedeutet die zunehmende Zahl muslimischer Mitbürger in Europa eine Gefahr für unsere Kultur, unsere Werte, unseren sozialen Frieden? Diese Frage ist nicht von vornherein islamfeindlich – sie kann aus echter Verunsicherung entstehen. Aber sie verlangt eine ehrliche und differenzierte Antwort.
Zunächst gilt: In Europa leben über 25 Millionen Muslime – als Nachbarn, Kollegen, Bürgerinnen und Bürger. Die überwältigende Mehrheit von ihnen führt ein friedliches, gesetzestreues Leben, engagiert sich in Schule, Beruf und Ehrenamt. Viele identifizieren sich mit demokratischen Werten, viele verstehen ihren Glauben nicht als Gegensatz zum Westen, sondern als Teil ihrer persönlichen Identität in einer pluralen Gesellschaft.
Ja, es gibt Probleme: Parallelgesellschaften, Radikalisierung, patriarchale Strukturen – genau wie in anderen Milieus auch. Aber diese Probleme entstehen nicht aus dem Islam an sich, sondern aus sozialen Faktoren: Armut, Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit. Und oft auch aus der Erfahrung, dauerhaft als Bedrohung gesehen zu werden. Wer Menschen ständig sagt, sie seien „fremd“ oder „gefährlich“, riskiert, dass sie sich tatsächlich abwenden – von der Gesellschaft, in der sie leben, und die sie zugleich ablehnt.
Die islamischen Gemeinden Europas sind so unterschiedlich wie das Christentum selbst: von liberal bis konservativ, von säkular bis missionarisch, von dialogbereit bis verschlossen. Wer sie alle über einen Kamm schert, fördert genau das, was er fürchtet – Abschottung und Misstrauen.
Als Christen sind wir aufgerufen, nicht zuerst nach der Bedrohung zu fragen, sondern nach der Möglichkeit zur Beziehung, zur Verantwortung und zum Gespräch. Christus hat nicht weggeschaut, wenn Menschen Angst machten – aber er hat sich auch nicht von Angst regieren lassen. Er ist auf Menschen zugegangen, selbst auf jene, die als „Sünder“ und „Fremde“ galten.
Ablehnung führt zu Radikalisierung
Psychologisch wie soziologisch ist gut belegt: Menschen, die dauerhaft stigmatisiert, ausgegrenzt und als Bedrohung behandelt werden, entwickeln häufiger Widerstandshaltungen oder gar radikale Einstellungen. Wer Muslime pauschal als „Eroberer“ darstellt, trägt selbst dazu bei, dass sich junge Männer mit Migrationshintergrund irgendwann genau so verhalten, wie man es ihnen immer wieder unterstellt. Es ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Eine Gesellschaft, die im Namen ihrer Werte Ausgrenzung betreibt, verliert genau diese Werte: Offenheit, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit – und nicht zuletzt: Nächstenliebe.
Nächstenliebe ist keine Unterwerfung, sondern Nachfolge
Kritik an Nächstenliebe stellt diese Manchmal als „Teufelei“ dar, als wäre es eine Schwäche oder gar ein Mittel zur Selbstzerstörung. Doch die biblische Nächstenliebe richtet sich natürlich zuerst, aber nicht nur an die Eigenen, sondern ausdrücklich an den Fremden, den Armen, den Schutzlosen (vgl. Lev 19,34; Mt 25,35).
Jesus selbst war Flüchtling, auf der Flucht vor Herodes (Mt 2,13–15). Er verbrachte sein Leben bei den Ausgegrenzten, den Samaritern, Sündern, Kranken. Wer ihn nachfolgt, kann nicht gleichzeitig die Benachteiligten pauschal abwehren.
Die Verteidigung des Eigenen beginnt mit Vertrauen – nicht mit Angst
Das vierte Gebot („Du sollst Vater und Mutter ehren …“) ist kein Aufruf zur kulturellen Abschottung, sondern ein Aufruf zur Achtung vor Herkunft und Gewissen. Wer seine Kultur liebt, kann sie weitergeben – ohne andere abzuwerten. Christlicher Glaube wird nicht durch Migranten bedroht, sondern durch Angst, Hass und Gleichgültigkeit gegenüber dem Mitmenschen – egal ob fremd oder vertraut.
Fazit: Ein geistlicher Weg der Unterscheidung
Es ist richtig, wachsam zu sein gegenüber Radikalisierung, Parallelgesellschaften und Gewalt. Aber es ist ebenso christlich geboten, wachsam zu sein gegenüber der Versuchung zur Verhärtung des Herzens. Liebe ist kein nationalistisches Feuer, sondern eine göttliche Kraft zur Versöhnung. Sie fragt nicht zuerst: „Wer gehört dazu?“, sondern: „Wem kann ich dienen?“
Oder, mit Jesu Worten: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40)
All diese Überlegungen entlasten uns selbstverständlich nicht von der politischen Aufgabe, Herausforderungen durch Migration klug und verantwortlich zu lösen.
Dieser Beitrag wurde mit Hilfe von KI erstellt und von mir nachbearbeitet. Er spiegelt meine Meinung wider.
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